AWO NRW stellt Langzeitstudie zur Kinderarmut vor

11.02.2020

AWO NRW stellt Langzeitstudie zur Kinderarmut vor
Fachtag in Bochum: Fachleute diskutieren, wie der Ausstieg aus der Armut gelingen kann

300 Fachleute diskutierten am 6. Februar auf Einladung der AWO NRW die Ergebnisse der Langzeitstudie „Wenn Kinderarmut erwachsen wird – wie gelingt der Ausstieg aus der Armut?“. 1997 wurde die Studie beim Frankfurter Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) in Auftrag gegeben. Das Forschungsprojekt hat 20 Jahre lang Kinder begleitet, die AWO-Kitas in strukturschwachen Vierteln oder Städten besuchten. Darunter auch 21 AWO-Kitas aus NRW. Demnach stammen die Teilnehmer, deren Lebensläufe in die Studie eingeflossen sind, unter anderem aus Bergkamen, Dortmund, Bochum, Essen, Münster, Düsseldorf, Dinslaken, Hamm und Herford.

„Die Ergebnisse zeigen, dass Armut kein Automatismus ist“, resümierte Dr. Irina Volf vom ISS. Zwei Drittel der Befragten haben den Ausstieg aus der Armut vollzogen. Ein Drittel der armen Kinder bleibt auch im jungen Erwachsenenalter arm. Der Übergang ins junge Erwachsenenalter ist dabei ein Scheideweg im Leben dieser Menschen. Er stellt eine Chance dar, der Armut der Familie zu entwachsen. Er kann aber auch in die weitere Armut führen.

Hierfür hat die Studie mehrere Risikogruppen identifiziert. Armut ist oft weiblich: Doppelt so häufig sind es junge Frauen, die trotz gleicher Bildung wie ihre männlichen Altersgenossen in der Armut verbleiben. Die Erkenntnis der Langzeitstudie bestätigen das, was die AWO NRW schon lange fordert: nämlich die Aufwertung bestimmter als gesellschaftlich wichtig erachteter Berufe: Vor allem in den Bereichen Gesundheit und Pflege, in denen mehrheitlich Frauen beschäftigt sind, bedarf es besserer Bedingungen.
Insbesondere junge Frauen mit Armutserfahrung, die hierzu in der letzten Phase der Studie befragt wurden, fordern die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf - sowohl mit Blick auf die Anforderungen seitens der Arbeitgeber als auch die Verfügbarkeit von Kinder-Betreuungsplätzen. Vor allem alleinerziehende Frauen, die schon im jungen Erwachsenenalter eine Familie gegründet haben, gelten als armutsgefährdet. Ein Blick in die Statistik bestätigt dies: Die Armutsgefährdungsquote von Alleinerziehenden in NRW lag 2018 bei 45,2 Prozent.
„Die Nachteile, die den Ein-Eltern-Familien das Leben schwer machen, wollen wir nicht mehr hinnehmen. Ein Fünftel aller Familien in NRW hat einen alleinerziehenden Elternteil. 40 Prozent dieser Familien leben von Hartz 4“, sagt Michael Scheffler, Vorsitzender der AWO NRW.
Kinderarmut bedeute Einkommensarmut der Eltern – da waren sich die Experten einig. Eine zentrale Maßnahme gegen Kinderarmut sei - neben der Einführung einer einkommensabhängigen Kindergrundsicherung - die Einkommenssituation der Eltern zu verbessern. Denn Arbeit alleine helfe nicht gegen Armut. Wichtig sei eine „gute und existenzsichernde Arbeit der Eltern“, so Alexander Nöhring, Geschäftsführer des Zukunftsforum Familie.

Gerhard Bäcker, Professor an der Uni Duisburg-Essen, sprach sich in seinem Vortrag sogar dafür aus, den Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben. Wiedereinstiegsförderungen, Ausbau der Kinderbetreuung für Unter-Dreijährige sowie eine Anhebung der SGBII-Sätze waren weitere konkrete Maßnahmen, die Bäcker nannte. Mit Blick auf Kinderarmut bezeichnete er NRW als „besonders stark gebeuteltes Bundesland“. Die Statistik zeige, dass die Zahl der Kinder, die Grundsicherung (Hartz 4) empfangen, kontinuierlich steige. In Gelsenkirchen liege sie etwa bei 40,7 Prozent der Unter-15-Jährigen.

Kommunen finanziell zu entlasten und ihnen dadurch mehr Möglichkeiten zu geben, soziale Angebote zu schaffen, dafür sprach sich Christian Woltering, Geschäftsführer des Paritätischen NRW, in einer abschließenden Podiumsdiskussion aus. Systematisch habe man in den letzten Jahrzehnten erlebt, dass soziale Infrastruktur abgebaut wurde – vor allem außerhalb der Ballungszentren. Dies sei aber wichtig, um soziale Teilhabe zu ermöglichen.
Für eine Landesarmutskonferenz, für ein Zusammenrücken der Verbände und der kommunalen Spitzenverbände, um gemeinsam Maßnahmen gegen Armut voranzutreiben, sprach sich Michael Scheffler abschließend aus. „Wir wollen ein Sprachrohr sein für alle Menschen, die in Armut leben.“

Das Foto zeigt von links: Moderator Tom Hegermann, Anja Weber (DGB-vorstand NRW), AWO-Vorsitzender Michael Scheffler, Dörte Schall (Beigeordnete Stadt Herne) und Christian Woltering (Landesgeschäftsführer Partitätischer NRW).

Weitere Nachrichten

Meldung vom 04.06.2024
Zum Grillbuffet am Freitag, den 7.6. ab 18 Uhr lädt das Cafe-Restaurant Schnöggel in den Gastgarten. Zu diesem Essen mit ausgesuchten Leckereien ist eine Anmeldung erforderlich (Tel.: 02371 - 3510990). Bei schlechterem Wetter können natürlich die Sitzplätze im Haus genutzt werden. weiterlesen
Meldung vom 04.06.2024
AWO Ortsverein-Iserlohn lädt ein zu einer Tagesfahrt nach Xanten am Mittwoch, 28.08.2024. Auf dem Programm steht eine Stadtrundfahrt mit dem Nibelungen-Express inkl. Erläuterungen durch einen Gästebegleiter, das Mittagessen im Restaurant „Neumaier“ und eine Führung durch den Archäologischen Park mit den Resten der alten Römerstadt. Die Kosten betragen 75,- Euro (Busfahrt, Mittagessen, Stadtrundfahrt, Führung durch den Archäologischen Park). Abfahrt ist um 8:30 Uhr ab Bhf Iserlohn, Rückkehr bis ca. 20.00 Uhr.weiterlesen
Meldung vom 03.06.2024
Migrationsfachdienste benötigen Planungssicherheit - Der AWO Bundesverband erinnert an einen historischen Meilenstein weiterlesen
Meldung vom 28.05.2024
Der bekannte Sänger und Liedermacher Björn Nonnweiler ist am So., 9. Juni um 15:30 Uhr zu Gast im Café Schnöggel, Am Zeughaus 14, Iserlohn. Der Eintritt ist frei. weiterlesen
Meldung vom 27.05.2024
Anfang des Jahres gingen bundesweit hunderttausende Menschen für die Demokratie und gegen den erstarkenden Rechtsextremismus auf die Straße. Zu diesem Zeitpunkt waren Pläne der AfD enthüllt worden, massenhaft Menschen aus Deutschland zu deportieren. Auch in Hagen haben wir am 25. Januar mit über 5.000 Menschen ein Zeichen für Freiheit und Vielfalt gesetzt. Die bevorstehende Europawahl am 9. Juni bietet uns die Chance, ein starkes, vereintes und friedliches Europa zu unterstützen. weiterlesen
Meldung vom 24.05.2024
AWO-Einrichtungen zeigen Solidarität für Geflüchtete weltweit weiterlesen
Meldung vom 17.05.2024
Für alle, die einen unerfüllten Kinderwunsch haben und sich gerne mit anderen Betroffenen dazu austauschen möchten. Mögliche Themen: - Eigene Gefühle und Gedanken zum Thema - Erfahrungen mit Kinderwunschbehandlungen - Umgang mit dem Thema im Freundes-, Familien- oder Bekanntenkreis - Auswirkungen auf die Paarbeziehung - Perspektiven für die Zukunft …und alles andere, über das die Gruppe sprechen möchte. Die Gruppe trifft sich einmal im Monat dienstags ab 18:30 Uhr.weiterlesen
Meldung vom 13.05.2024
Die Finanzsituation der OGS-Träger in NRW ist mit Blick auf das kommende Schuljahr so schlecht wie nie zuvor. Denn trotz der zuletzt ausgehandelten außerordentlich hohen Tarifsteigerungen (ver.di ermittelte eine Tarifsteigerung um durchschnittlich 11,5 %) hat die Landesregierung NRW alle Bitten um eine entsprechende Anpassung der Landesförderung für Offene Ganztagsschulen ignoriert und an der seit Jahren üblichen Erhöhung um 3 % im Haushaltsjahr 2024 festgehalten.weiterlesen
Meldung vom 06.05.2024
In den aktuell vorliegenden Berichten der sozialen Schuldnerberatungen im Märkischen Kreis von AWO und Caritasverband werden unter anderem die Kundenstruktur, Einkommensverhältnisse und häufige Überschuldungsursachen interpretiert. Die beiden Sozialverbände haben im Jahr 2023 über 900 Intensiv- und Langzeitberatungen für verschuldete Menschen im Märkischen Kreis organisiert, dazu kommen Kurzberatungen und Kriseninterventionen. Die durchschnittliche Schuldenhöhe beläuft sich auf ca. 44.000 Euro pro Fall bei der Caritas.weiterlesen
Meldung vom 02.05.2024
Speed-Dating beim Job-Turbo: Gemeinsame Aktion von AWO und Jobcenter in der Kita Lennetal – Werbung um Quereinsteiger*innen im Berufsfeld Kindertagesbetreuung Mit dem Programm „Job-Turbo“ fördert die Bundesregierung die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt. Bei der „Turbo-Woche“ vom 22. bis zum 27. gab es über 500 Messen, Börsen, Speeddatings und andere Veranstaltungen – mit dem Ziel, dass sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und die jobsuchenden geflüchteten Menschen gegenseitig besser kennenlernen. Mit dabei war der AWO- Unterbezirk Hagen – Märkischer Kreisweiterlesen