Offener Ganztag: AWO NRW fordert gesetzliche Mindeststandards

16.03.2024

Rechtsanspruch ohne Rechtsgrundlage? Ab August 2026 haben zunächst alle Grundschulkinder der ersten Klassen einen Anspruch darauf, ganztägig gefördert zu werden. Dieser Anspruch wird in den Folgejahren um je einen Jahrgang ausgeweitet. Die AWO in NRW als Träger vieler Ganztagsangebote kritisiert, dass sich die NRW-Landesregierung entgegen der Ankündigung in „Dialoggesprächen“ ihrer gesetzgeberischen Verantwortung entzieht und auf unverbindliche Leitlinien beschränkt.

Die Ausgestaltung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung obliegt den Ländern. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hielt hierzu in dem von CDU und Bündnis 90/Die Grünen unterschriebenen sogenannten Zukunftsvertrag fest: „Unser Ziel sind Mindeststandards für den Ganztag in enger Abstimmung mit den Schul- und Jugendhilfeträgern. Dazu gehört, ein Fachkräftegebot umzusetzen und multiprofessionelle Teams zu ermöglichen und zu fördern. (…) Das geplante Ausführungsgesetz wird neben inhaltlich-pädagogischen Aspekten außerdem die für die Kommunen besonders relevante Finanzierung im Rahmen des geltenden Konnexitätsprinzips regeln.“ Zum Bedauern der Arbeiterwohlfahrt wurde aber inzwischen deutlich, dass die Landesregierung ihre selbst gesteckten Ziele tatsächlich nicht verfolgt. Statt des angekündigten Ausführungsgesetzes wurden im März lediglich „Fachliche Grundlagen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter ab 2026“ vorgestellt.

Die AWO NRW kritisiert dieses Ergebnis, das eine Sicherstellung von unverzichtbaren Qualitätsstandards im Offenen Ganztag komplett ignoriert - anders als in anderen Feldern der Jugendhilfe gibt es demnach keine landesseitigen Richtlinien oder Mindestanforderungen für Offene Ganztagsschulen. Die AWO befürchtet Situationen, in denen zukünftig 40 Kinder in einem Raum mit einer unausgebildeten Kraft verbringen können. Das sei ein realistisches Szenario, wenn nicht mehr Geld in die Hand genommen wird und keine qualitativen Standards zu Personal, Räumen, Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule und anderen Themen per Gesetz von der Landesregierung festgelegt werden.

Dabei wäre nach Einschätzung der AWO NRW sogar Personal vorhanden, um zahlreiche erforderliche Fachkräfte für einen guten Offenen Ganztag zu gewinnen. Denn die große Mehrheit der Mitarbeiter*innen in OGS (ob mit oder ohne fachliche Ausbildung) ist in Teilzeit beschäftigt. Viele Mitarbeitende würden Aufstockungen der wöchentlichen Stundenzahl sofort und dankend annehmen. „Aber offensichtlich fehlt in NRW nach wie vor der politische Wille, in die Zukunft unserer Kinder zu investieren“ beklagen AWO-Bildungsexpert*innen.

Hintergrund: Im Jahr 2021 hatte die Bundesregierung den Anspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung rechtlich verankert - ab August 2026 haben zunächst alle Grundschulkinder der ersten Klassen einen Anspruch darauf, ganztägig gefördert zu werden. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je einen Jahrgang ausgeweitet. Ab August 2029 hat dann jedes Grundschulkind von der ersten bis zum Ende der vierten Klasse einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Die Ausgestaltung dieses Rechtsanspruchs obliegt den Ländern. Mehr dazu im Positionspapier der AWO NRW:

https://www.awo-nr.de/fileadmin/user_data/Positionen/OGS_Mindestandards_...

 

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