Frauenhaus braucht dringend mehr Platz

13.09.2021

Wenn Frauen vor ihrem gewalttätigen Partner fliehen, führt sie ihr Weg oft ins Frauenhaus. Dort sind sie sicher und können zur Ruhe kommen. Letzteres wird allerdings immer schwieriger – das Iserlohner Frauenhaus, das einzige im Märkischen Kreis, platzt oft aus allen Nähten. Jetzt soll mehr Raum geschaffen werden.

Mit Unterstützung der SPD-Fraktion im Rat hofft das Frauenhaus unter Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt Hagen-Märkischer Kreis auf eine Lösung. Die SPD bittet die Verwaltung, „die Anstrengungen für ein neu konzipiertes Frauenhaus mit einer höheren Kapazität und entsprechende Gespräche mit dem Märkischen Kreis und dem Land Nordrhein-Westfalen zu unterstützen. Dabei sollen künftig auch barrierefreie Frauenhausplätze in Apartment-Struktur geschaffen werden“, heißt es in einem Antrag der Sozialdemokraten. Die (Aufnahme-)Kapazität reiche nicht mehr aus. „Gemessen an den Vorgaben der Istanbul-Konvention ist die Anzahl der Frauenhausplätze im Märkischen Kreis und ganz NRW viel zu niedrig.“ Unter anderem hat sich die SPD auch vor Ort ein Bild von der Lage gemacht.

Das Frauenhaus Iserlohn hat derzeit über acht Plätze für Frauen und zwölf Plätze für Kinder. Die meisten bleiben zwei bis drei Monate dort. In der Regel steht für jede Frau und ihre Kinder ein eigenes Zimmer bereit. Die beiden Küchen, der Gemeinschaftsraum mit Fernseher, zwei Badezimmer, zwei Waschräume sowie der Garten sind Gemeinschaftsräume. „Für traumatisierte Frauen ist es nicht immer ideal, das Bad mit anderen teilen zu müssen“, gibt Anna Müller, Leiterin des Frauenhauses, zu bedenken. Selbst bei einer Belegung zu ¾ kommen die räumlichen Kapazitäten schnell an ihre Grenzen. Und die Belegungen sind immer mehr gestiegen: von durchschnittlich 62 Prozent in den Neunzigern auf 91 Prozent heute. Während des Lockdowns gab es sogar noch mehr Anfragen als sonst. Im Durchschnitt waren die Frauen zu der Zeit vier Monate da. Aber auch als wieder Lockerungen gab, erreichten immer noch sehr viele Anrufe das Frauenhaus.

„Die Gewalt gegen die Frauen muss nicht immer physisch erfolgen“, erklärt Anna Müller. Oft werden sie auch psychisch drangsaliert, werden finanziell unter Druck gesetzt oder ihrer Freiheit beraubt. Meist haben sie auch noch andere „Baustellen“, etwa Schulden. Und die Kinder leiden auch immer unter der Situation.

Unterstützung durch Spenden

Drei Pädagoginnen, davon eine Erzieherin, und eine Verwaltungsfachkraft bilden den Mitarbeiterstamm. Sie haben vier Büros, die auch als Beratungsräume genutzt werden. Unterstützt wird das hauptamtliche Team durch eine ehrenamtliche Kraft, die seit Gründung der Einrichtung vor drei Jahrzehnten die Rufbereitschaft übernimmt. Das Frauenhaus wird vor allem durch Spenden finanziert. Auch der Förderverein Frauenhaus unterstützt seit 2004 tatkräftig. Derzeit finanziert er mit 400 Euro monatlich eine Kinder-Therapeutin. Das Projekt Safespace soll im Rahmen des Investitionsprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ für eine konsequente Weiterentwicklung des Frauenhauses sorgen. Wesentlich ist der Neubau einer adäquaten Immobilie. Zudem soll das Frauenhaus sowohl auf räumlicher als auch auf konzeptionell-methodischer Ebene eine zeitgemäße Ausrichtung erhalten. Mit einer Erweiterung könnten vier Frauen samt ihren Kindern mehr in dem Haus wohnen. Auch könnten gehbehinderte Frauen einziehen, da dann barrierefreie Wohnungen geschaffen werden könnten. „Die Frauen und ihre Kinder hätten dann auch mehr Privatsphäre“, beschreibt Anna Müller. „Zudem möchten wir eine halbe Erzieherinnenstelle mehr schaffen.“

Örtliche Politik findet Idee gut

In der Sitzung des Sozialausschusses wurde das Vorhaben bereits besprochen. Wie die SPD stehen viele örtliche Parteien der Idee aufgeschlossen gegenüber. „Das unterstützen wir natürlich vollkommen. Betrieb und Bau werden aus Mitteln des Bundes und Landes realisiert, wird aber Stand jetzt erst 2023 realisiert. Für die Kommune würde ein Anteil an der Erzieherstelle relevant. Hier ist sicherlich zu klären, welche Anteiligkeiten da infrage kommen“, erklärt Nils Koschinsky von der FDP-Ratsfraktion. „Gerade uns in Iserlohn wurde die Notwendigkeit funktionierender Frauenhäuser im Zusammenhang mit dem zwei Jahre zurückliegenden Mordfall unmittelbar und brutal vor Augen geführt“, sagt Markus Neumann, Vorsitzender der UWG Iserlohn. „Das Konzept für ein neues Frauenhaus darf sich allerdings nicht nur auf bauliche Gestaltung und optimierte Hilfe und Unterstützung für die Frauen konzentrieren, sondern es bedarf eines Betriebskonzeptes, das die finanziellen Lasten breiter verteilt als bislang.“ Die Linken begrüßen das neue Konzept und sehen auch die Erweiterung als dringend notwendig an. „Seit vielen Jahren arbeitet das Iserlohner Frauenhaus am Limit. Deswegen bedanken wir uns für den Vorstoß der AWO, damit das Frauenhaus den Notwendigkeiten entsprechend aufgestellt werden kann“, so Manuel Huff. Auch Christiane Zeh, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Iserlohner-Partei, äußert sich positiv: „Wir begrüßen und unterstützen die Umsetzung des Projektes Safespace. Die Erhöhung der Aufenthaltsqualität der traumatisierten Frauen und Kinder sollte und muss oberste Priorität haben.“ Zur Ratssitzung am 5. Oktober soll das Thema nun zur Beschlussfassung vorgelegt werden, wie Martin Luckert, Geschäftsführer der SPD-Fraktion, erklärt. „Während der Corona-Krise sind die Fälle der häuslichen Gewalt gestiegen.“ Auch vor diesem Hintergrund sei eine Erweiterung des Platzes wichtig.

Dieser Artikel erschien ursprünglich im Stadtspiegel.

Weitere Nachrichten

Meldung vom 19.04.2024
Zum 6. Mal koordiniert der Bundesverband für Kindertagespflege die Aktionswoche „Gut betreut in Kindertagespflege“! Das Ziel ist, der Öffentlichkeit deutlich zu machen, was Kindertagespflege ist, was sie leistet, wie Kindertagespflegepersonen arbeiten und welche Herausforderungen bestehen. Für die AWO wurde Lillian Tanzius im WDR Landesstudio Siegen interviewt – hier der Link zur Mediathek (die Reportage startet bei 12:15):weiterlesen
Meldung vom 16.04.2024
Die kommunalen Haushalte der Städte und Gemeinden im Märkischen Kreis stehen vor großen Herausforderungen. In vielen Städte- undGemeinderäten wird über Sparkonzepte diskutiert. Wie soll es gelingen, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen? Begriffe wie „Haushaltssicherungskonzept“ und „Nothaushalt“ sorgen für Unsicherheit.Die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) Märkischer Kreis plant dazu eine Vortragsveranstaltung mitweiterlesen
Meldung vom 16.04.2024
Die AWO-Kita Wundertüte in Halver hat ein inklusives Projekt gestartet: Der Fokus liegt auf Behinderung und deren Auswirkungen. Jede und jeder soll durch eigene Erfahrung nachempfinden können, wie Kinder mit Beeinträchtigungen den Kita-Alltag erleben. Körperliche Beeinträchtigung, Taubheit, mangelnde Sprachkenntnisse – in Selbsterfahrungs-Parcours können unterschiedliche Störungsbilder nachempfunden werden. Ein erster Block zum Thema „Sehbeeinträchtigung/Sehstörung“ ist soeben erfolgreich erprobt worden.weiterlesen
Meldung vom 15.04.2024
Die erste Kita-Gruppe mit dem Sprachbildungsprogramm „griffbereitMINI“ ist an den Start gegangen: Bei der AWO-Kita Blumenwiese (Kabeler Str. 4) steht „alltagsintegrierte Sprachbildung“ für die ganz Kleinen und ihre Familien im Mittelpunkt. weiterlesen
Meldung vom 11.04.2024
Am 07.05.2024 beginnt der Kurs und wird danach jeden Dienstag von 10:15 Uhr bis 11:30 Uhr stattfinden. Pro Treffen werden 2€ berechnet. Ort: Eugen-Richter-Str. 21, 58089 Hagen. Es handelt sich um eine Kooperation mit der ev. Familienbildung Hagen. Wir bitten um Anmeldung im Ollen Dreisch 02331/ 9346833 oder in der AWO Geschäftsstelle 02331/3810 weiterlesen
Meldung vom 10.04.2024
„In die Wanne, fertig…los!“ - ab sofort Anmeldung zum „Hemeraner Badewannenrennen“ am 3. Mai weiterlesen
Meldung vom 04.04.2024
Die AWO Waldgruppe Bienenschwarm am Mesterscheid in Hemer sucht noch fleißige Bienchen (Kinder) ab 3 Jahren, die gerne den Bienenschwarm (Kindergartengruppe) vervollständigen, mit einer Buchungszeit von 35 Std. (07:30-14:30Uhr). Ab dem 01.08.2024 wird der neue Bienenstock (Bauwagen für die Waldgruppe) erwartet. Dieser bekommt seinen Platz auf der großen Wiese vor dem Waldstück. Aktuell bietet der Freizeithof Mesterscheid noch den Schutzraum. Bei Interesse melden Sie sich gerne unter: 02372 10485 AWO Familienzentrum Ruth-Grohe-Haus Feldstraße 42 58675 Hemerweiterlesen
Meldung vom 03.04.2024
Wir möchten allen Menschen die Möglichkeit bieten, durch eigene gemachte Erfahrungen nachzuempfinden, unter welchen Vorraussetzungen und Bedingungen unsere Kinder mit Beeinträchtigung oder Behinderung den Kindergarten-/ Lebensalltag erleben. Wir freuen uns, wenn wir Sie an einen/ mehreren oder allen Terminblöcken in unserer Kita Wundertüte begrüßen dürfen!weiterlesen
Meldung vom 20.03.2024
Der „Internationale Tag gegen Rassismus“ am 21. März ist Höhepunkt der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ vom 11. bis 24. März. Viele unserer Einrichtungen beteiligen sich aktiv mit kreativen Aktionen und setzen ein Zeichen gegen Rassismus. Es geht um Solidarität mit von Rassismus betroffenen Menschen und um Menschenrechte für alle. Die AWO setzt sich ein für eine offene und vielfältige Gesellschaft - dazu appellieren wir an unsere AWO Werte Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit. weiterlesen
Meldung vom 19.03.2024
Etwa drei Millionen Menschen arbeiten im Bereich, Pflege, Betreuung und Sozialarbeit sozialen Sektor. Laut einer aktuellen Studie im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat der Bedarf an sozialer Arbeit in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen: Die Zahl der Beschäftigten im Sektor soziale Arbeit ist seit 2010 zwar von zwei Millionen um eine Million gestiegen, allerdings gibt es gravierenden Personalmangel. Schicht- und Nachtarbeit sei bei mehr als doppelt so vielen wie in anderen Sektoren üblich.weiterlesen