Freie Wohlfahrt kritisiert Haushaltsentwurf der schwarz-grünen Landesregierung – Gravierende Konsequenzen für soziale Einrichtungen in Hagen

03.12.2024

Der Haushaltsentwurf der NRW-Landesregierung für 2025 sieht Einsparungen vor, wobei insbesondere der soziale Bereich mit Kürzungen von etwa 100 Millionen Euro betroffen ist. Auf Initiative des Hagener AWO-Vorsitzenden Wolfgang Jörg werteten Vertreter*innen der freien Wohlfahrt in Hagen jetzt bei einem Treffen die gravierenden Auswirkungen auf soziale Dienste und Einrichtungen in der Stadt aus.

Nach Einschätzung der Hagener Sozialverbände (AWO, Caritas, Diakonie und Paritätischer) sind unter anderem bei der sozialen Beratung und Unterstützung, im Bereich Alter und Pflege, beim Thema Migration und Integration sowie bei der Armutsbekämpfung erhebliche Streichungen zu befürchten. „Diese Kürzungen sind nicht nur Zahlen im Landeshaushalt, sondern wirken sich ganz erheblich auf die soziale Landschaft in unserer Stadt aus“ warnte AWO-Geschäftsführerin Birgit Buchholz als Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Hagener Wohlfahrtsverbände.

Der Sparkurs der schwarz-grünen NRW-Landesregierung richte sich insbesondere gegen die Migrations- und Flüchtlingshilfe: Insgesamt sollen die Ausgaben für die soziale Beratung von Geflüchteten um zwei Drittel gekürzt werden, eingespart werden soll auch bei Rückkehrerprojekten und der Koordinierung von Maßnahmen für junge Geflüchtete. Unter anderem beendet die Landesregierung das Förderprogramm „Komm-an NRW“, aus dem Projekte zur Integration von Zugewanderten unterstützt werden. Hier flossen Landesmittel auch in kleine Initiativen, die sich vor Ort ehrenamtlich um Neuangekommene kümmern. „Gerade diesen Initiativen ist es gelungen, Integration im Stadtteil zu fördern“ erklärte Matthias Börner, Geschäftsführer der Hagener Diakonie. Mit Blick auf die aktuellen Debatten rund um das Thema „Innere Sicherheit“ fügte er hinzu, dass Kürzungen im Bereich der Angebote für Migranten und Flüchtlinge unverständlich und kontraproduktiv sind: „Diese Angebote tragen zum sozialen Frieden bei“. Streichungen seien daher nicht nur für die Zugewanderten selbst, sondern für die gesamte Gesellschaft gravierend. Die Eltern in der Stadt Hagen werden die drastische Reduzierung von präventiven Angeboten für Familien deutlich spüren. Luisa Kinzel, Sozialpädagogin bei der Evangelischen Familienbildung, wies auf die drohende Kürzung im Bereich der Familienbildung um zwei Drittel hin – Zielgruppe sind Familien, die bei hohen Preisen und nicht funktionierender Kinderbetreuung ohnehin unter Druck stehen. Hier hätten sich in den letzten Jahren gute Netzwerke gebildet zwischen Familienbildung, städtischer Jugendhilfe und sozialen Trägern, die jetzt zerschlagen werden. Besonders betroffen von den Mittelkürzungen sind auch die Suchthilfe sowie die Aidshilfe, die knapp ein Drittel der Landesmittel verliert. Das werde nach Einschätzung der Sozialverbände die bewährten Präventions- und Hilfemaßnahmen im Sucht- und AIDS-Bereich nahezu unmöglich machen. Mit erheblich weniger Mitteln könne nicht dieselbe Leistung erbracht werden. Komplett beendet werden soll die Förderung der Fachberatung Schuldnerberatung – das hätte gravierende Auswirkungen auf alle Schuldnerberatungsstellen, nicht nur bei der Freien Wohlfahrtspflege, sondern auch für die kommunalen Stellen oder die Einrichtungen der Verbraucherzentrale.

Kürzungen bei Maßnahmen der Berufsvorbereitung würden vor allem die Zielgruppen treffen, die diese Angebote am dringendsten benötigen. Als Beispiel führte Torsten Gunnemann vom Vorstand der Caritas Hagen die Berufseinstiegsbegleitung an, die sich an Jugendliche ohne Schulabschluss und ohne eine Perspektive am Ausbildungsmarkt richtet. Berufseinstiegsbegleitung sei eine Maßnahme der Agentur für Arbeit, die nur mit einer Kofinanzierung umgesetzt werden kann. Diese Kofinanzierung habe das Land NRW in den letzten Jahren mit Landesmitteln und Mitteln aus dem europäischen Sozialfonds geleistet, erläutert Gunnemann. Da nutze es dann nichts, wenn ESF-Gelder für NRW umgeschichtet werden, um die Auswirkungen der Kürzungen zum Beispiel in anderen Bereichen der Berufsorientierung abzumildern, wie es Landessozialminister Laumann zuletzt im November bei der großen Demo in Düsseldorf angedeutet hat.

Die Vertreter der freien Wohlfahrt in Hagen zeigten sich einig, dass die geplanten Einsparungen im sozialen Bereich erhebliche negative Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bürger haben werden. „Reichere Kommunen werden in der Lage sein, die Kürzungen selbst aufzufangen. Doch Hagen gehört nicht dazu. Die Stadt steht vor der Herausforderung, die Kürzungen zu kompensieren, was zu gravierenden Einschnitten bei den sozialen Dienstleistungen führen wird, so Jan-Philipp Krawinkel, Kreisgruppengeschäftsführer beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Die Kürzungen des Landes verschärfen noch die Liquiditäts-Probleme, die etliche Dienste und Einrichtungen schon jetzt haben. Die Einsparungen werden nach seiner Einschätzung einen Dominoeffekt beim Rückgang von Angeboten für die Menschen auslösen. „Zerschlagene Strukturen und Arbeitsplätze, die in diesem Bereich einmal wegfallen, können kaum wieder neu aufgebaut werden“ lenkte Krawinkel den Blick auf die Kipp-Punkte eines kontinuierlichen Sparkurses.

Caritas-Vorstand Rolf Niewöhner fasste die Situation der Freien Wohlfahrtspflege zusammen: „Wir als Träger leisten eine unverzichtbare und gesellschaftlich anerkannte Arbeit, die weder vom Staat noch von kommerziellen Anbietern in dieser Qualität geleistet wird. Die Kürzungen der Landesregierung bedrohen die Trägervielfalt in der gesamten Sozialwirtschaft und verstoßen damit gegen das Subsidiaritätsprinzip, das den Sozialstaat seit Jahrzehnten trägt!“

Teilnehmer*innen des Treffens der Freien Wohlfahrtspflege (Foto):

Birgit Buchholz (2. v. li.) – Geschäftsführerin des AWO Unterbezirks Hagen-Märkischer Kreis, turnusgemäß Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege; Matthias Börner – Geschäftsführer der Diakonie Mark-Ruhr; Jan-Philip Krawinkel – Kreisgruppengeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Hagen; Rolf Niewöhner - Vorstand des Caritasverbands Hagen; Torsten Gunnemann – Vorstand des Caritasverbands Hagen

Gäste: Matthias Heuer – Leiter der Evangelischen Familienbildung (EFB) (Foto re.); Luisa Kinzel – Sozialpädagogin, Bildungsreferentin bei der EFB (mi.); Jörg Meier – SPD-Ratsmitglied und Mitglied der Bezirksvertretung Mitte (Foto li.)

Weitere Nachrichten

Meldung vom 22.08.2024
Am Samstag, 24. 08.2024 erscheint das neue Programmheft der Familienbildungsstätte Lüdenscheid. Mit über 500 Kursangeboten und Veranstaltungen in Lüdenscheid und den umliegenden Kommunen im südlichen Märkischen Kreis bietet es Bewährtes und Neues von Eltern-Kind-Angeboten über gesunde und aktive Lebensgestaltung bis hin zu Vorträgen über aktuelle Themen. Leser und Leserinnen der Lüdenscheider Nachrichten erhalten das Programmheft als Beilage direkt nach Hause. Darüber hinaus liegt es ab Montag (26.) an den bekannten Auslagestellen in gedruckter Form vor.weiterlesen
Meldung vom 21.08.2024
Im Rahmen vom Hasper Herbst (07. und 08. September) hat unsere Begegnungsstätte am Hüttenplatz geöffnet und bietet leckere Speisen und Getränke an. Als Ausgleich bleibt die Begegnungsstätte am 09.09. geschlossen. Hüttenplatz 44 58135 Hagen Telefon: 02331/41477 weiterlesen
Meldung vom 20.08.2024
In einer „FairenKITA“ erfahren bereits die Kleinsten, wie Kinder in anderen Ländern leben und woher unsere täglichen Lebensmittel wie Bananen, Zucker, Tee und Kakao kommen. Sie lernen, wie ihr eigenes Leben mit den Lebensumständen der Kinder von Kakaobäuer*innen und anderen Produzent*innen zusammenhängt.weiterlesen
Meldung vom 20.08.2024
Die Kinder, Eltern und das Team der Kita "Emstlinge" treffen sich jeden 3. Donnerstag im Monat regelmäßig mit den Besuchern des Kulturhofs. Hierfür sind verschiedene gemeinsame Aktionen geplant: Spielen, singen oder basteln Geschichten lesen und erzählen Spaziergänge Backen und vieles mehr Damit Sie wissen, was wir geplant haben, werden wir die Aktion rechtzeitig ankündigen (z.B. am Schaukasten des Kulturhofs) 1.Termin: Donnerstag, den 22.08.2024 um 10 Uhr Wir starten hier mit einem „Kennenlern- Frühstück“ und gemeinsamen Spielen.weiterlesen
Meldung vom 15.08.2024
Deutschland diskutiert und die AWO reagiert. Ob Gendersternchen, Geschlechterdebatten oder bunte Gesellschaft – all das sind Themen, an denen sich die Menschen reiben. Mit einem „Kneipen-Quiz“ tourt ein Theater-Ensemble durch die AWO Ortsvereine und gastiert am Fr., 30. Aug., um 17:00 Uhr im Kulturhof Emst (Auf dem Kämpchen 16, 58093 Hagen) weiterlesen
Meldung vom 14.08.2024
Die Fotofreunde Hagen laden ein zur Eröffnung ihrer Ausstellung "Monochrom". Sonntag, 8.September 2024 11 Uhr Kulturhof Emst Auf dem Kämpchen 16 58093 Hagen weiterlesen
Meldung vom 14.08.2024
Am Freitag, 27. September 2024 hat unserer AWO Familienzentrum Ruth-Grohe-Haus Tag der offenen Tür Lernen Sie unsere Kita kennen und schaffen Sie sich einen Überblick über unsere pädagogische Arbeit! Um Anmeldung wird gebeten für das Haupthaus und die Waldgruppe „Bienenschwarm“: Telefon: 02372 10485 E-Mail: kita-ruth-grohe-haus@awo-ha-mk.de Feldstraße 42-44, 58675 Hemer weiterlesen
Meldung vom 13.08.2024
JES, die gradlinig-schräge A-Capella-Show aus Hagen konzertiert im Rahmen der AWO-Aktionswoche gegen Einsamkeit am Mi., 14.08. um 17 Uhr im AWO-Treff Westerbauer, Enneper Str. 81 EINTRITT FREI weiterlesen
Meldung vom 08.08.2024
Die Hagener ambulanten Suchtberatungsstellen starten das neue Projekt "DigiSucht Hagen". In einem einzigartigen Trägerverbund der Ambulanten Suchthilfe Hagen (bestehend aus der AWO, dem Blauen Kreuz, der kommunalen Drogenhilfe und dem Sozialpsychiatrischen Dienst) wird eine innovative digitale Suchtberatung ins Leben gerufen. Dieses Angebot richtet sich an alle Betroffenen und Angehörige, die eine kompetente, anonyme und kostenlose Unterstützung in Anspruch nehmen möchten.weiterlesen
Meldung vom 07.08.2024
Die Arbeiterwohlfahrt hat ihren zweiten Gleichstellungsbericht veröffentlicht. Er gibt Aufschluss über die Altersstruktur und Geschlechtergerechtigkeit im Funktionsehrenamt der AWO und zeigt, dass es auch bei der AWO weiter Nachholbedarf bei der Gleichstellung gibt. So machen Männer einen Hauptanteil unter den Funktionsehrenämtern aus. Auch mit Blick auf die Altersstruktur zeigt sich, dass vor allem Menschen im fortgeschrittenen Alter Funktionsehrenämter bekleiden. „Ehrenamtliches Engagement muss allen Menschen gleichermaßen offenstehen.weiterlesen